Im Jahr 1999 wurde von Lars Wingård und Eirik Fatland das “Dogma 99 : A programme for the liberation of larp” (engl. “Dogma 99 : Ein Programm zur Befreiung des Larps”), später meist “Dogma 99” oder “Dogma Manifesto” genannt, veröffentlicht. Damit wurde in der nordischen Larpszene das sogenannte “Zeitalter der Manifeste” ausgelöst, in dem unterschiedliche Positionen zum Larpverständnis, und der Diskurs darüber, in Form von öffentlichen Erklärungen geäußert wurden.

Daraus hat sich eine Tradition herausgebildet sich in mehr oder weniger kontroversen Erklärungen z.B. zu ästhetischen oder designorientierten Aspekten von Larps zu äußern. Andere Larpstile haben sich in ähnlicher Weise dazu positioniert, so z.B. jüngst das Content Larp Manifesto und The New Southern Way. Diese Erklärung versteht sich in dieser Tradition von Larpmanifesten.

Die wichtigste Motivation beim Schreiben dieses Manifests war es eine Differenzierung zwischen traditionellen deutschen Larpkonzepten (“Fäntelalter”) und anderen Larpdesigntraditionen (zB Nordic Larp, Minilarp, LAOG) zu artikulieren und den Diskurs darüber anhand konkreter Forderungen und Aussagen zu fördern.

Das GutLarper Manifest

Anmerkung: Der Name des Manifests ist ein Wortspiel auf “Gutmensch”. Wir meinen das nicht ironisch, sondern wollen damit den Begriff zurückerobern. Was kann schon daran schlecht sein, ein guter Mensch zu sein?

Das Hüls’sche Paradigma („Die endgültige Teilung der LARP-Szene ist unser Auftrag.“) ist erfüllt.

Ralf Hüls im LarpWiki

Präambel: Wir gehen nicht davon aus, dass wir DAS Larp repräsentieren – niemand tut das. Dieses Manifest legt die Position der Unterzeichnenden dar. 

  1. “Deine 3 Hobbys sind nicht meine 2 Hobbys.” (Marc Bohlen;  es scheint dieses Zitat geht auf ein Zitat von Ralf Hüls zurück, welches auf ein Zitat aus Ally McBeal zurück geht.)
    Larp ist nicht gleich Larp. Es gibt Dutzende unterschiedliche Arten, Larps zu veranstalten und zu spielen.
  2. Man kann Larp auch erklären, ohne ein einziges Mal “Action” zu sagen. Eine Abkürzung ist es schon lange nicht mehr. Die allgemeine Definition ist in der englischen Wikipedia zu finden (Die deutsche Definition spricht fälschlicherweise immer noch von einer “Mischung aus Pen&Paper und Improvisationstheater”.)
  3. Larp ist mehr als ein Hobby. Larp ist politisch, Kunstform, persönliche Weiterbildung und experimentelles Forum – es ist aber kein Theater, denn es ist immer partizipativ, interaktiv und situativ. Larp erlaubt es wie kein anderes Medium andere Standpunkte zu erforschen und damit Einblicke in sich selbst und gesellschaftliche Prozesse zu erlangen. Es darf schon Hobby sein, es auf reinen Zeitvertreib zu beschränken ist aber beschränkt.
  4. Larp ist transformativ. Egal welchen Zweck es verfolgt.
  5. Gefühle im Larp können real sein, auch wenn die Situationen und Figuren es nicht sind. Wenn man in Rolle Angst, Trauer, Freude, Liebe oder andere Gefühle empfindet, dann sind diese aus körperlicher Sicht identisch mit den Gefühlen, die man außerhalb des Spiels empfindet. Dein Körper kann keinen Unterschied feststellen.
  6. Sicherheit ist nicht optional. Das gilt auf der physischen ebenso wie der emotionalen Ebene. Bleed ist real. (Bleed ist der gegenseitige Austausch von Emotionen zwischen Spieler:innen und Spielfiguren). Knochenbrüche sind es auch.
  7. Larp kann experimentell sein, braucht hierbei aber einen klaren, normativen Rahmen innerhalb dessen experimentiert wird. Erfahrungen und Einsichten sollten kontextualisiert und reflektiert werden und sind Teil der Veranstaltung. 
  8. Die im Folgenden aufgeführten, menschlichen Grundwerte im Larp und bei der Veranstaltung von Larps sind Grundvoraussetzung: 
  9. Wir pflegen verantwortungsvollen Umgang mit Teilnehmenden, Verantwortlichen, Helfenden und Externen (Locationbetreiber:innen, Institutionen, Fördergeber:innen, örtliche Gemeinschaften, Behörden, Öffentlichkeit).
  10. Unsere Community akzeptiert und relativiert keine Diskriminierung, egal ob sie als Sexismus, Rassismus, Faschismus, Ableismus, Homophobie, Transphobie o.a. daher kommt. Wir sind überzeugt, dass Gleichberechtigung, Feminismus und Inklusion nicht optional sind. 
  11. Wenn wir diskriminierende Inhalte und Klischees wie Sexismus, Rassismus, Ableismus, Homo- oder Transphobie usw. bespielen, dann geschieht dies respektvoll und reflektiert, transparent und mit voller Handlungsfreiheit (“Agency”) bei allen Teilnehmenden. Es erfordert, dass real Betroffene und marginalisierte Menschen mit einbezogen werden und sie die in der Gestaltung getroffenen Entscheidungen mittragen. Eine transparente Kommunikation in der Öffentlichkeit gehört auch dazu.
  12. Wir bemühen uns nach bestem Wissen und Gewissen unsere Larps nachhaltig zu gestalten und umzusetzen. Dabei achten wir auf Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung und Klimaneutralität in Bereichen wie Verpflegung, Müll und An- / Abreise.
  13. Öffentlicher Diskurs ist wichtig. Fehler passieren und niemand von uns ist perfekt. Fehlertoleranz ist also auch wichtig. Sie beinhaltet aber auch Offenheit zur Veränderung. 
  14. Menschen sind immer wichtiger als ein Larp.

Das GutLarper Manifest

Ackknowledgements

I would like to thank everyone for voicing their opinions and for their contributions. Without you, this wouldn’t be what it is now. Thank you!

Alexander Jaensch, Alexander Klug, Daniel Steinbach, David Pusch, Gregor Lindner, Jamie MacDonald, Kristina Leipoldt, Larson Kasper, Marc Bohlen, Olivia Fischer, Ralf Hüls, Sarah Lynne Bowman, Suvi Korhonen, and everyone else who I might have forgotten.

In memoriam Elge Larsson.

One comment on “Das GutLarper Manifest

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert